Chefsache Unternehmen?

Seit einigen Jahren suchen wir wegen der stark steigenden Nachfragen nach den von uns gefertigten Produkten, bzw wegen größerer Einzelaufträge, eine Möglichkeit unseren Betrieb räumlich zu erweitern. Unsere Produkte werden im ganzen Bundesgebiet verkauft, wie in dieser Zeitung zu lesen war, haben wir auch schon Möbelteile nach Australien geliefert. Vor kurzem wurde eine komplette Bankeinrichtung für die Stadtsparkasse in Schwedt an der Oder geliefert.

Für diese Einrichtungsteile brauchen wir dringend Lagerkapazitäten, da unsere Produktionsstätte dafür keinen Platz mehr bietet. Da unsere Schreinerei bereits seit 1908 in Homberg an dem gleichen Standort ansässig ist und wir eine enge Beziehung zu dem Standort in der Kernstadt haben, kommt eine Verlagerung auf die „grüne Wiese“ für uns nicht in Betracht. Es wäre für uns ausreichend eine entsprechende Lagerhalle in der Nähe zur Zwischenlagerung der Möbel zu haben.

Da auf dem eigenen Grundstück keine Erweiterung möglich ist haben wir uns in der Nähe umgeschaut, bzw. Kontakt zur Stadt Homberg aufgenommen.

Ein Brief an den Magistrat verschwand ohne Antwort, nachdem die Sache von mir bei einer Wahlveranstaltung öffentlich angesprochen wurde, wurde mir versichert, das dies in Zukunft „Chefsache“ sei und so etwas nicht vorkommen dürfe.

Kurzfristig erhielt ich einen Anruf von unserem letzten Bürgermeister mit dem Angebot doch mal vorbei zu kommen, damit man mir die in Frage kommenden Grundstücke zeigen könne. Es stellte sich heraus, das eines der beiden angedachten Grundstücke in privatem Besitz ist, das zweite städtische Grundstück welches sehr nahe bei unserer Schreinerei gelegen hätte, bestand zur Hälfte aus einem Steilhang und einer Straße. Dieses wurde offensichtlich ohne entsprechende Ortskenntnis angeboten.

Da sowieso in Kürze ein Amtswechsel der Bürgermeister anstand, dachte ich mir, die Angelegenheit bis dahin zu verschieben und dann neu anzugehen und die im Wahlkampf versprochene „Chefsache“ in Anspruch zu nehmen.

Ein Termin bei der Bürgermeisterin kam nach zweimaliger Verschiebung dann endlich zustande. Das Gespräch verlief sehr positiv und ich ging mit dem Gefühl nach Hause, das die Angelegenheit nun ins Rollen kommen würde. Zunächst wurde ein Ortstermin vereinbart, um sich die in Frage kommenden Grundstücke anzusehen. Ein erster Termin musste von städtischer Seite wieder verschoben werden, im zweiten Anlauf kam er dann zustande.

Welche Enttäuschung folgte nun, das zunächst angedachte Gelände über welches auch im Vorfeld gesprochen wurde, sei nicht verfügbar, man wolle für das Gesamtgelände zunächst ein Konzept erstellen lassen.

Dafür könnte ich ja noch ein gewisses Verständnis aufbringen, da hätte ich aber meine Zeit bei einem Ortstermin nicht verschwenden müssen, das konnte man auch telefonisch abhandeln. Es wurde auch die Chance verpasst sich einmal persönlich über den Betrieb zu informieren, über einen kurzen Rundgang durch unsere Werkstatt hätte ich mich sehr gefreut.

Angeboten wurde mir zuletzt eine kleinere Ausgleichsfläche, die bei einer Baumaßnahme auf dem Grundstück einer benachbarten Autowerkstatt als gemeinsame Stellfläche genutzt werden könnte. Die Informationen hierzu wurden mir von dem zuständigen Sachbearbeiter bei der Stadt auch umfassend und zügig bereit gestellt. Auf den Rückruf der Bürgermeisterin zu dem Kaufpreis warte ich allerdings bis heute vergeblich. Alternativen hat die Stadt Homberg offensichtlich nicht zu bieten.

Was sagt man eigentlich einem ansiedlungswilligen Unternehmen, wenn es nach einem Grundstück fragt. Wir planen ein großes Gewerbegebiet, kommen sie in 10 Jahren nochmal vorbei?!

Nun gibt es wieder erneute Aktionen zur Belebung der Innenstadt, es sollen Gutachten erstellt werden, etc, dieselbe Leier alle Jahre wieder. Für eine Belebung der Innenstadt benötigen wir in erster Linie Kaufkraft in Homberg, das bedeutet Zuzug von Neubürgern, Erhalt der alten, bzw Schaffung neuer Arbeitsplätze. Dazu gehört es auch, die bestehenden Betriebe zu erhalten und zu fördern, das war in Homberg allerdings noch nie angesagt, man verlässt sich gerne auf einen Großbetrieb.

Hilfestellung ist nicht zu erwarten, wenn es aber darum geht etwas bezahlen zu lassen, werden als erstes die Gewerbetreibenden angesprochen, sei es für die neue Kreiskarte, oder diverse Werbeaktionen. Gerne werden auch die Gewerbesteuer und die Grundsteuer angehoben.

Also alles wie immer, Versprechungen im Wahlkampf, kaum im Amt alles vergessen.

Leider nichts mit „Chefsache“ für Unternehmen.


Karl Heinrich Linker

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Radweg in Homberg