Das Kreisen um den Kreisel
„Wir müssen vorankommen“, das sind die inhaltsstarken Worte des CDU-Fraktionsvorsitzenden Kai Widauer, mit denen er energisch seine Gefolgsleute in der Homberger großen Koalition antreibt. Schaut man sich allerdings an, was Widauer unter „vorankommen“ versteht, stellt man fest, dass er nur „sich im Kreis drehen“ meint.
Bestes Beispiel hierfür: Der Kreisverkehrsplatz zur Anbindung des künftigen Gewerbegebiets an die L 3343. Nur allein im Jahr 2022 hat sich der Magistrat mit diesem Thema in seinen Sitzungen am 15.03., 14.06., 05.07. und 26.07. befasst. Der Ältestenrat war dem Thema „Kreisverkehr“ zur Erschließung des geplanten Industrie- und Gewerbegebiets am 21.03., 26.07. und zur Vorbereitung der Stadtverordnetenversammlung am 20.09. befasst. In der Stadtverordnetenversammlung war der Kreisverkehr am 07.04., 09.06., 14.07. und in einer von der Bürgermeisterin eigens einberufenen „Sondersitzung“ der Stadtverordnetenversammlung am 04.08.2022 Thema.
Bei dem Kreisverkehrsplatz kreisen die Gedanken - jedenfalls einiger Stadtverordneter - ausschließlich ums Geld - präziser: um ihr eigenes Geld. So hat beispielsweise der sich im Widerstreit der Interessen befindende Stadtverordnete Norbert Reinhardt in der Stadtverordnetenversammlung am 07.04.2022 munter mitgestimmt. Die Erschließung des künftigen Industrie- und Gewerbegebiets würde ja auch dazu führen, dass sein Land in dem Gebiet eine deutliche finanzielle Aufwertung erfahren würde. Nachdem Reinhardt beim eigennützigen Abstimmen „ertappt“ wurde und der in der Sitzung am 07.04.2022 rechtswidrig gefasste Beschluss der Stadtverordnetenversammlung in der Sitzung am 09.06.2022 wieder aufgehoben werden musste, hat sich dann unmittelbar nach Dienstantritt die neue Bürgermeisterin intensiv mit dem Thema „Kreisverkehrsplatz“ befasst.
Nach ihren eigenen Angaben hat sie im Verlauf ihrer ersten Arbeitstage bei der Stadt Homberg (Ohm) in dieser Sache mannigfache Gespräche mit der DEGES, der Bau-ARGE, Hessenmobil und selbst mit dem Wirtschaftsministerium geführt. Gegipfelt haben die Aktivitäten des neuen Stadtoberhaupts darin, dass sie den Stadtverordnetenvorsteher dazu veranlasst hat, am 04.08.2022 sämtliche Stadtverordneten zu einer „Sondersitzung“ der Stadtverordnetenversammlung mit dem einzigen Thema Kreisverkehrsplatz „zusammen zu treiben“. Die herbeigerufenen Großkoalitionäre haben in dieser Sitzung am 04.08. andächtig den Ausführungen des Planers Zillinger gelauscht und ihrer Bürgermeisterin an den Lippen geklebt, als diese stolz verkündete, dass mit diesem Kreisverkehrsplatz € 560.000,00 von der Stadt „eingespart“ werden würden. Kritische Fragen der Fraktionen BÜRGERFORUM und Grüne nach den tatsächlichen Kosten eines solchen Kreisverkehrs wurden mit pöbelnden Zwischenrufen und lauten Aufforderungen des Fraktionsvorsitzenden Widauer an den Stadtverordnetenvorsteher, endlich abstimmen zu lassen, unterdrückt. Der Fraktionsvorsitzende der SPD, Michael Fina, hat den aus seiner eigenen Fraktion stammenden Stadtverordnetenvorsteher Dr. Claus Gunkel laut brüllend mit einem „Antrag zur Geschäftsordnung“ aufgefordert, keine Fragen mehr zuzulassen, sondern abstimmen zu lassen.
Ohne die Abwägungen zum Satzungsbeschluss ordnungsgemäß durchzuführen und ohne die Bürgermeisterin und Herrn Zillinger aufzufordern, die Fragen von Bürgerforum und den Grünen zu beantworten, hat der bemitleidenswert unter Druck gesetzte Stadtverordnetenvorsteher die Abstimmung durchführen lassen. Erwartungsgemäß haben alle anwesenden Mitglieder der Großkoalitionäre dem Prestigeprojekt „Kreisverkehrsplatz“ zugestimmt. Im Nachgang zur Sitzung hat der Protokollführer sodann noch versucht, die gröbsten Fehler in der Sitzungsleitung durch das Abfassen eines „modifizierten“ Protokolls zu „beschönigen“. Es war geschafft: Widauer und seine gesamte Gefolgschaft waren einen Riesenschritt vorangekommen.
Oder? In der Sitzung der Stadtverordnetenversammlung am 20.09.2022 musste die in Sachen Kreisverkehr so aktive neue Bürgermeisterin den Stadtverordneten verkünden: Die Errichtung des Kreisverkehrsplatzes ist gescheitert - zu teuer!
Die Großkoalitionäre haben eine Menge Kreise gedreht, haben viele Stunden ihre Gedanken um ein einziges Thema kreisen lassen, ohne jemals konkret nach den Kosten zu fragen. Die Bürgermeisterin hat den gesamten ersten Monat ihrer Amtszeit ein „totes Pferd im Kreis geritten“. Aber immerhin: Mindestens drei mit dem Kreisverkehrsplatz befasste Planer haben Rechnungen an die Homberger Stadtkasse geschrieben!
An Herrn Widauer gerichtet: Sich laut schreiend im Kreis drehen bedeutet nicht vorankommen. Beenden Sie das Kreisen Ihrer Gedanken um finanzielle Vorteile für einzelne, betrachten Sie kritische Fragen in einer Demokratie als Gewinn, diskutieren Sie Themen unvoreingenommen und hören Sie auf, sich im Kreis zu drehen. Vielleicht bringen Sie dann tatsächlich irgendwann irgendetwas voran.