Haushaltsrede Bürgerforum (Kopie)
Haushaltsrede 2024
Verehrte Hombergerinnen und Homberger,
der städtische Haushalt ist - wie alle Haushalte - zunächst nur eine Ansammlung von Zahlen. Nun können Zahlen glückliche und freudige Umstände zum Ausdruck bringen. Sie können aber auch äußerst unbefriedigende, ja sogar ruinöse Zustände beschreiben.
Die gute Nachricht ist, dass ein in Zahlen ausgedrückter Zustand stets objektivierbar ist. Man kann die Zahlen drehen oder wenden wie man will. Man kann versuchen, einen Zustand schön zu reden. Am Ende liefern die Zahlen stets ein objektives Bild, nämlich ob der Verwaltungschef mit den ihm zur Verfügung gestellten Ressourcen umgehen kann oder nicht.
Um Ihnen, verehrte Hombergerinnen und Homberger, den eher unbefriedigenden, ja ruinösen Zustand der Stadt näherzubringen, kann ich es Ihnen nicht ersparen, wesentliche Zahlen des Haushalts 2024 darzustellen. Ich habe hierbei - des einfacheren Verständnisses wegen - die Zahlen meist gerundet. In meiner textlichen Ausführung finden sich die präzisen Zahlen in Klammern hinter den Rundungen. Diese präzise Darstellung des Zahlenwerks finden Sie auf der Webseite des Bürgerforums.
Im Einzelnen:
Hebesatzerhöhung bei der Grundsteuer B von 420 % auf 580 % - Erhöhung um 38 % (38,1 %).
Hebesatzerhöhung bei der Grundsteuer A von 420 % auf 580 % - ebenfalls Erhöhung um 38 % (38,1 %).
Hebesatzerhöhung bei der Gewerbesteuer von 400 % auf 420 % - Erhöhung um 5 %.
Für die neue Grundsteuer sind die Hebesätze maßgeblich, die ab 2025 gelten werden. Seit Bekanntgabe des neuen Grundsteuergesetzes haben diverse hessische Städte und Gemeinden den Hebesatz für die Grundsteuer B erhöht. Der hessische Industrie- und Handelskammertag hat hierzu auf seiner Webseite ausgeführt, dass hierdurch die Kommunen das Versprechen der Landesregierung, die Grundsteuerreform aufkommensneutral umzusetzen, unterlaufen haben. Homberg ist bei diesem Unterlaufen des Versprechens der Landesregierung dabei!
Der hessische Industrie- und Handelskammertag führt weiter aus, dass die hessische Wirtschaft mit vielen Problemen konfrontiert sei: hohe Energiepreise, Fachkräftemangel und Bürokratie. Die gestiegenen Hebesätze belasten die Betriebe zusätzlich.
Bei Kommunen zwischen 5.000 und 10.000 Einwohnern ist der durchschnittliche Hebesatz in Hessen bei der Grundsteuer B bei 474 %, bei der Gewerbesteuer bei 389 %. Homberg reißt mit der geplanten Erhöhung beide Durchschnittswerte!
Stadtallendorf und Neustadt als Mitbewerber für ein Industrie- und Gewerbegebiet an der A 49 liegen deutlich günstiger sowohl bei den Grundsteuern als auch bei der Gewerbesteuer.
Osterode am Harz hat niedrigere Grundsteuern und eine gleich hohe Gewerbesteuer wie Homberg.
Bei einer Neuansiedlung von Gewerbe werden interessierte Betriebe selbstverständlich die Höhe der Grundsteuern und der Gewerbesteuer als wesentlichen Faktor bei der Standortwahl berücksichtigen.
Ist das also Werbung für einen Standort im neuen Industrie- und Gewerbegebiet „Am Roten Berg“? Höhere Grundsteuern und höhere Gewerbesteuer! Aber den Grundstückseigentümern sollen möglichst niedrige Kaufpreise gezahlt werden. Unangemessenen. Unüberlegt. Unsinnig.
Und dieselben Personen, die als Bauern auf die Straße gehen, um gegen die Abschaffung von Agrarsubventionen zu demonstrieren, weil den Bauern zu wenig übrigbleibt, votieren beim Haushalt in Homberg aber dafür, dass gerade diese Bauern mit erhöhten Grundsteuern belastet werden.
Eine konkrete Beispielsrechnung für die Marburger Straße 19: Aktuell beim Hebesatz von 420 % beläuft sich die Grundsteuer B auf € 393,04. Bei einem Hebesatz von 580 % wird sich die Grundsteuer B auf € 542,76 belaufen. Rund € 150,00 mehr pro Jahr! Zusammenfassend zu den geplanten Hebesatzerhöhungen bei den Steuern – unglücklich, ungeschickt, einfach unmöglich!
Der Fehlbedarf im geplanten Jahresergebnis 2024 beläuft sich auf etwa € 1.770.000,00
(-€ 1.767.342,00).
Bei den Förderprogrammen sollen für IKEK rund € 565.000,00 aus Eigenmitteln aufgewendet werden, rund 41 % der Gesamtaufwendung.
Für das Programm Zukunft Innenstadt sollen rund € 217.000,00 aus Eigenmitteln aufgewendet werden, etwa 23 % der Gesamtaufwendung.
Insgesamt sollen damit etwa € 910.000,00 aus Eigenmitteln für die Förderprogramme aufgewendet werden - und bis heute war die Stadtverwaltung nicht in der Lage, exakt darzulegen, welche Maßnahmen überhaupt konkret geplant oder schon beauftragt sind. Die Stadtverordnetenversammlung und alle Bürger tappen im Dunkeln. Und: Wie sich der Stadtverordnetenvorsteher ausgedrückt hat: Bei IKEK wurden die Steuerungsgruppen nicht gesteuert. Aber: welche Schlussfolgerung wird hieraus gezogen?: unglückliches Agieren, ungenaue Angaben, unpräzises Arbeiten, so sieht die Fraktion Bürgerforum das.
Der Schuldenstand am 31.12.2023 wird sich voraussichtlich auf etwa € 4.150.000,00 (€ 4.155.779,31) belaufen.
Die voraussichtliche Kreditaufnahme für 2024 wird sich auf € 6.000.000,00 belaufen.
Die voraussichtliche Tilgung wird sich auf rund € 510.000,00 (€ 508.369,00) belaufen.
Der Schuldenstand Ende Dezember 2024 beläuft sich dann voraussichtlich auf etwa € 9.650.000,00 (€ 9.647.410,31). Ein Zuwachs von 132 % (132,1 %). Äußerst ungut.
Der Schuldenstand Ende Dezember 2026 wird sich sodann voraussichtlich auf € 13.000.000,00 (€ 12.996.407,31) belaufen. Ein Plus von 213 % (212,7 %), also mehr als eine Verdopplung des Schuldenstandes! Ruinös!
Die Personalaufwendungen steigen gegenüber dem Ergebnis 2022 von etwa € 4.430.000,00 (€ 4.428.065,86) auf geplante € 5.650.000,00 (€ 5.646.018,00) im Jahr 2024. Ein Plus von 27,5 %. Aber die Zulassungsstelle ist geschlossen, Wasserzähler werden nicht ausgetauscht und Beerdigungen nicht abgerechnet. Ungut – und sehr unprofessionell!
Die Aufwendungen für Sach- und Dienstleistungen steigen gegenüber dem Ergebnis 2022 von € 3.370.000,00 (€ 3.371.984,82) auf geplante € 6.320.000,00 (€ 6.316.821,00) im Jahr 2024. Ein Plus von etwa 87 % (87,3 %). Unglaublich!
Der Ansatz im Haushalt 2023 für Zinsen betrug etwa € 94.000,00 (€ 93.709,00). Für 2024 sind rund € 210.000,00 (€ 208.607,00) geplant. Ein Plus von mehr als 120 % (+122,6 %). Ebenfalls: sehr ungut!
Der Zinsaufwand steigt bis 2027 auf mehr als € 460.000,00 (€ 461.320,00). Die Zinslastquote steigt damit von etwa 0,9 (0,88) im Jahr 2024 auf mehr als 2,0 (2,02) im Jahr 2027. Sehr ungut!
Die geplanten Jahresergebnisse bis 2027 werden einen Fehlbetrag ausweisen. Die Rücklagen werden bis 2027 aufgebraucht sein. Dann wird es echt eng!
Die Kindertagesstätte Hohläcker in Nieder-Ofleiden ist mit € 3.600.000,00 beplant. Der von der Stadtverordnetenversammlung gefasste Beschluss vom 18.07.2023, in dem die Mehrheit lediglich Vertragsverhandlungen zum Erwerb des Grundstücks genehmigt hat und die Angelegenheit gleichzeitig an den HFA zur weiteren Beratung verwiesen hat, ist bis heute nicht ausgeführt worden. Bürgermeisterin und Ausschussvorsitzender bleiben untätig! Ein alternatives Angebot der IPC GmbH wurde ohne Vorstellung in der Stadtverordnetenversammlung vom Magistrat abgelehnt. Was hat dieser Magistrat zu verbergen? Wer soll hier protegiert werden? Und warum? In den Haushalt wurde also eine Investition ohne konkrete Kostenermittlung und ohne jegliche Vertragsgrundlage aufgenommen. Unvertretbar, unrechtmäßig und einfach unmöglich.
Genauso verhält es sich mit der Inanspruchnahme einer kostenlosen Haushalts- bzw. Konsolidierungsberatung. Eine Ergebnisvorstellung ist bis heute im HFA nicht erfolgt. Auch hier: Untätigkeit von Bürgermeisterin und Ausschussvorsitzendem.
Für das städtische Areal in der Friedrichstraße werden für das Jahr 2024 Einnahmen von € 300.000,00 in den Haushalt eingestellt. Bis dato ist keine einzige Fälligkeitsvoraussetzung für die Kaufpreiszahlung erfüllt. Bis Ende des Jahres 2024 können gar nicht alle Fälligkeitsvoraussetzungen für den Kaufpreis erfüllt werden. Die Einnahme des Betrages von € 300.000,00 ist unsubstantiiert und unrealistisch!
Den gesetzlichen Vorgaben des § 92 HGO wird nach Auffassung der Fraktion Bürgerforum der vorgelegte Haushaltsentwurf nicht gerecht, denn finanzielle Risiken werden nicht minimiert. Unrechtmäßig!
Der Mehrheit der Kommunalpolitiker in dieser Stadtverordnetenversammlung fehlt ganz offensichtlich der Wille, sich auf wirtschaftliche und soziale Realitäten einzulassen. Sie haben sich immer mehr vom Alltag der Menschen in der hessischen Kleinstadt Homberg (Ohm) entfernt. Eine ähnliche Feststellung hat der Politikwissenschaftler Werner Patzelt getroffen und hiermit das Aufkeimen neuer politischer Parteien begründet. Ob alle diese neuen politischen Parteien von ihren Vätern und Müttern in diesem Raum künftig geliebt werden, bleibt abzuwarten.
In einem Artikel im Handelsblatt am 13. Februar wird vorgeschlagen, eine Politik, die wenig liefere, als Anreiz zu nehmen, die Probleme unternehmerisch und eigeninitiativ zu lösen. Wir sollen den Wettbewerbsgedanken sowohl in der Wirtschaft als auch in der Politik wieder Einzug halten lassen. Das sollten sich die Stadtverordneten durch den Kopf gehen lassen und diesen Haushalt erneut ergebnisoffen aber wirtschaftlich orientiert und mit Augenmaß beraten.
Wir beantragen daher, den Haushalt 2024 zur erneuten Beratung an den HFA zurückzuverweisen. Hierzu beantragen wir namentliche Abstimmung. Sollte die Mehrheit diesem Antrag nicht folgen, werden wir von der Fraktion Bürgerforum die Haushaltssatzung mit allen Anlagen ablehnen und beantragen namentliche Abstimmung zum Beschlussvorschlag Ziffer 4 zur Haushaltssatzung.
Guten Gewissens und mit Blick in die Zukunft kann objektiv kein einziger Stadtverordneter diesem unbefriedigenden und ruinösen Haushalt zustimmen! Sie lügen nicht – die Zahlen!